Sprichwörter
Liebe Aumühlerinnen und Aumühler, liebe Menschen der Sachsenwald-Region,
„Ein Sprichwort ist ein kurzer Satz, der sich auf lange Erfahrung gründet.“ So brachte das einmal Miguel de Cervantes auf den Punkt.
Zu jedem und allem gibt es Sprichwörter. Weil es zu allem Erfahrungen gibt. Erfahrungen kommen oft plötzlich. Und sie sind nicht immer leicht zu verarbeiten. Erst im Nachhinein verstehen wir, was an uns geschehen ist, positiv wie negativ. Vielleicht, so denke ich mir, versuchen wir Menschen, unsere Erfahrungen mit Sprichwörtern besser zu verstehen und einzuordnen. Ich denke gerade jetzt an Frühjahrs- und Wetterregeln. Wenn das Wetter ungestüm von Sonne auf Regen - und umgekehrt - wechselt, kann es gut sein, mich zu vergewissern: So war das schon immer, so ist das nun auch in dieser Zeit – keine Angst.
Dazu würde dieser Spruch passen: „Sonne und Regen, die wechseln sich ab, mal geht´s im Schritt, mal geht´s im Trab“ (Verfasse unbekannt). Wenn der Winter allzu lange dauern will, kann ich mich einfach mit dieser Frühjahrs- und Wetteregel trösten: „Es lenzt
nicht, ehe es gewintert hat.“ Egal, was es ist, Erfahrungen gehören zum Leben. Deshalb kann es nur gut sein, sie anzunehmen, mindestens
mit ihnen zu leben. Ein bekanntes Sprichwort aus der Bibel dazu heißt: „Alles hat seine Zeit“ (Prediger 3).
Realität, Leben und Erfahrungen
Apropos Bibel, da sind unzählige Sprichwörter drin, auf die viele unserer aktuellen Sprichwörter zurückgehen. Auch in der Bibel wollten Menschen die Realität, das Leben mit seinen Erfahrungen einordnen und verstehen. Besonders auch, was Gott mit diesem Leben und den Erfahrungen darin zu tun hat. Aber manchmal helfen keine Sprichwörter. Manchmal sind die Erfahrungen zu heftig und unmittelbar. Was soll man denen sagen, die auf Grund von Naturkatastrophen, durch Krieg und Vertreibung kein Dach mehr über dem Kopf haben? Was denen, die plötzlich jemanden verlieren? Dann hilft es, keine schlauen Sprüche zu haben, sondern einfach da zu sein, zu hören, zu schweigen. Mich leitet dabei dieser Satz aus dem Römerbrief in der Bibel: „Freut euch mit den Fröhlichen, weint mit den Weinenden“ (Römer 12,15). Ich ergänze frei: „Fragt mit den Zweifelnden, schweigt mit den Sprachlosen.“
Erfahrung
In den Passions- und Ostererzählungen der Bibel müssen die Menschen die Erfahrung von Gewalt und Tod machen. Da ist das dunkle, leere Grab. Diese Menschen gehen in das Grab hinein, sie stellen sich ihrer Angst und Ohnmacht, Zweifeln und Sprachlosigkeit. Um diese Erfahrung kommen sie nicht drumherum. Dann machen sie eine umwälzende und überwältigende Erfahrung: Sie sehen eine Lichtgestalt, die ihnen den Weg aus dem Dunkel weist. Ins Leben. Sie sehen selbst das Leben, begegnen ihm leibhaftig. Und fortan glauben sie: Der Tod hat nicht das letzte Wort. Sie glauben das nicht als billige Vertröstung. Sie glauben es als Durchblick und Vision. Sie sind mehr als ihre Erfahrungen.
Christoph Blumhardt, der Dichter und Pfarrer, nannte Christenmenschen deshalb einmal „Protestleute gegen den Tod.“
Wie kann man solche Erfahrung beschreiben?
Wie kann man von solcher Erfahrung reden?
Am Ostermorgen werden wir es einander zusagen und zurufen:
Der HERR ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden. Halleluja!
Wie war das noch? „Ein Sprichwort ist ein kurzer Satz, der sich auf lange Erfahrung gründet.“
Seit über 2000 Jahren ist Auferstehung die Erfahrung von Christenmenschen. Möge es auch zu unserer Erfahrung werden. Dass wir unsere Erfahrungen besser bewältigen können. Mit Gottes Hilfe.
Frohe Ostern!
Herzlich Ihr und Euer Pastor Christoffer Sach